Gasalarm

Wer trägt Heizungs- und Warmwasserkosten beim Nießbrauch?

Im Herbst und Winter 2022 haben wir in einer sehr kurzen Zeit viel zu der Frage gelesen, wer die dramatisch gestiegenen Kosten für Heizung und für Warmwasser in Zeiten der Energiekrise und der mächtig anziehenden Inflation stemmen muss. Das sind die Vertragspartner der Energieversorger, seien es Mieter im Selbstversorgermodell oder Immobilieneigentümer.

Natürlich gilt das für Mieter auch auf der Basis einer entsprechenden Abrede zur Betriebskostenumlage, wenn je nach verbautem Heizsystem zentral über den Vermieter mit Energie versorgt wird. Jetzt wenden wir uns einem Fall abseits des Mietrechts mit der Frage zu, wer denn im Falle der Nutzung einer Wohnung auf der Basis eines Nießbrauchsrechts die genannten Kosten zu tragen hat:

Die Klägerin K ist Eigentümerin einer Wohnung, die vom beklagten Nießbrauchsberechtigten N genutzt wird. Vorauszahlungen auf Betriebskosten werden nicht geleistet, erstellte und zugeleitete Betriebskostenabrechnungen nicht ausgeglichen. K klagt auf Zahlung und beruft sich dabei auf eine entsprechende Verpflichtung des nießbrauchsberechtigten Wohnungsnutzers aus § 1047 BGB (Steuern), § 1045 BGB (Versicherungen) und aus § 1041 BGB (Wartungskosten). N wendet unter anderem ein, die erteilten Abrechnungen seien widersprüchlich, nicht nachvollziehbar und deshalb unkorrekt. Vor allem seien sie in Energiebezugs- und Wartungskosten aufzusplitten. Aufgrund unterbliebener Wartung sei der Verbrauch erhöht. K sei auch zur anteiligen Kostentragung der Kosten von Heizung und Warmwasser verpflichtet. Sonstige verbrauchsunabhängige Kosten wie Steuern, Versicherung und Wartung habe N als Nießbraucherin gar nicht zu tragen.

Das OLG München „brummt“ N die abgerechneten Betriebskosten in voller Höhe auf (Beschluss vom 23. 8. 2022 - 8O 1186/22, ZMR 2022,963 ff). Der Klageanspruch sei aus §§ 1093, 1041, 1045, 1047 BGB gerechtfertigt. Dabei zeigen sich die verbrauchsabhängigen Warmwasser- und Heizungskosten als Aufwendungen in eigener Sache, die dem Nießbraucher obliegen (auf der Sache ruhende Lasten im Sinne von § 1047 BGB; ebenso Staudinger/Heinze - Bearbeitung 2017 - , § 1047 BGB Rn. 3; Pohlmann, in: Münchener Kommentar, 8. Aufl. 2020, § 1047 BGB Rn. 5). Die verbrauchsunabhängigen Kosten von Heizung und Warmwasserbereitung seien Kosten der gewöhnlichen Unterhaltung der Sache, die der Nießbraucher ebenfalls zu tragen habe (§§ 1041 Satz 2, 748 BGB; ebenso: BGH, NJW 2012, 522, 523 Rn. 11; Staudinger/Heinze - 2021 - , § 1041 BGB Rn. 10).

Die Grundsteuer müsse der Nießbraucher ebenso wie andere öffentliche Lasten (Gebühren für Kanalisation, Müllabfuhr, Kaminkehrer, Straßenreinigung, sonstige Gebäudesteuern neben der Grundsteuern), die auf der Sache ruhen, gemäß § 1047 BGB ebenso tragen (ebenso Staudinger/Heinze - Bearbeitung 2017 - 1047 BGB Rn. 8).

Dies greife auch für die Kosten der Haftpflicht-, Gebäude- und Gebäudebrandversicherung (§ 1045 Abs. 2 BGB).

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Zu ergänzen ist folgendes:

Nießbrauchsverhältnisse können zum Beispiel bei lebzeitiger Übertragung von Immobilieneigentum zu Gunsten der übertragenden Generation und zulasten der Erwerber und späteren Eigentümer vorliegen; aber auch dann, wenn im Todesfall der Erblasser den eingesetzten Erben mit einem Vermächtnis beschwert, zugunsten eines Dritten ein Nießbrauchsrecht zur umfassenden Nutzung einer Immobilie durch Einigung und Eintragung im Grundbuch (§ 873 BGB zu bestellen und/oder zu dulden (dazu: OLG Hamburg, Urteil vom 19.8.2015 - 2 U 16/13, RS 2016,6247 Rn. 23; OLG München, Beschluss vom 23.8.2022, a.a.O., S. 964).

Je nach Lage der Dinge ist durch Auslegung zu ermitteln, ob tatsächlich ein Nießbrauchsrecht oder ein Wohnungsrecht vorliegt. Das Wohnungsrecht erlaubt im Grundsatz lediglich, selbst einzuziehen (§ 1092 Abs. 1 Satz 2 BGB); der Nießbrauch gestattet neben dem Recht zur Selbstnutzung eine umfassende Nutzungsbefugnis, zum Beispiel eine Vermietung (§ 1030 Abs. 2 BGB). Abweichend von diesem gesetzlichen Grundmodell kann der Nießbrauch aber vertraglich eingeschränkt, einzelne Nutzungsformen können also eliminiert werden. Auf der anderen Seite erlaubt § 1092 Abs. 1 Satz 2 BGB die Vereinbarung einer Vermietungsbefugnis auch für das Wohnungsrecht (OLG München, Beschluss vom 23.8.2022 - 8 U 1186/22, ZMR 2022, 963, 964; Beck OGK/Kazele, Stand 1.5.2022, § 1093 BGB Rn. 10). Ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass ein infrage kommendes Nießbrauchsrecht im Hinblick auf die umfassende Nutzungsbefugnis eingeschränkt ist, und finden sich auch keine weiteren Angaben zur Vermietungsmöglichkeit, so ist von einem Nießbrauchsrecht auszugehen. Denn wie skizziert berechtigt das dingliche Wohnungsrecht im Grundsatz nicht zur Vermietung.

Offen bleibt, ob und inwieweit die mietrechtlichen Prinzipien auf eine erteilte Betriebskostenabrechnung im Rahmen des Nießbrauchs übertragbar sind. Für das dingliche Wohnungsrecht ist geklärt, dass die mietrechtliche Jahresfrist für Einwendungen gegen die Abrechnung in § 556 Abs. 3 BGB auch für dieses Rechtsverhältnis gilt (BGH, WuM 2018, 432,435; BGH, Urteil vom 25.9.2009 - V ZR 3609, MDR 2010, 18 = WuM 2009, 672). Für das Nießbrauchsrecht lässt das OLG München in seinem Beschluss vom 23.8.2022 - 8 U 1186/22 (ZMR 2022, 965) die Frage mangels Entscheidungsrelevanz unbeantwortet.

Rechtsanwalt Dr. Hans Reinold Horst, Hannover/Solingen