Tod des Mieters

Chancen des Vermieters auf Wohnungsrenovierung

Sterben ältere Mieter nach langer Mietzeit, so zeigen die Wohnungen regelmäßig schon wegen der langen Vertragsdauer und häufig unterlassenen Renovierungsarbeiten einen stark renovierungsbedürftigen Zustand.

Einzelne Gerichte versagen dann bereits aus diesem Sachzusammenhang heraus Ansprüche auf Renovierung und Schadenersatz. Dies wird damit begründet, die vertragsgerechte Abnutzung einer Wohnung könne bei einer ununterbrochenen Nutzungsdauer von mehreren Jahrzehnten so starke Spuren hinterlassen, dass bei Tod oder nach Auszug des Mieters eine komplette Sanierung der Wohnung notwendig sei. Lägen keine Anzeichen für eine vorsätzliche oder fahrlässige Beschädigung der Wohnung vor, könne der Vermieter deshalb keine Schadensersatzansprüche wegen übervertragsmäßiger Abnutzung oder wegen unterlassener Renovierung geltend machen (LG Wuppertal, Urteil vom 27.5.2011 - 6 S 53/10, juris, dort Rn. 7 der Entscheidungsgründe).

Das wird man natürlich nur dann akzeptieren können, wenn die - alten - Mietverträge keine wirksamen Klauseln zur Übertragung der Renovierungsverpflichtung auf den Mieter zeigen. Auch Verwesungsschäden nach dem Versterben des Mieters in der Wohnung sollen nicht ersatzfähig sein, deshalb gegenüber dem Erben nicht erfolgreich durchgesetzt werden können (LG Berlin, Beschluss vom 5.10.2021 - 66 S 7/21, ZMR 2022, 371; AG Tempelhof-Kreuzberg, Urteil vom 24.11.2020 - 15 C 59/20, ZMR 2021, 252; AG Bad Schwartau, Urteil vom 5.1.2001 - 3 C 1214/99, NZM 2002, 215).

Zumindest unterhalb dieser Schwelle sind Renovierungs- und Schadensersatzansprüche aber durchaus zu diskutieren.

I Ein oder mehrere Erben sind vorhanden

Sind ein oder mehrere Erben vorhanden und bekannt, wird das Mietverhältnis mangels Fortsetzung oder Eintrittsberechtigung nach den mietrechtlichen Vorgaben der §§ 563 ff BGB mit ihnen abgewickelt. Die Erben können das Mietverhältnis fortführen oder kündigen. Die Kündigung bildet den Regelfall. Forderungen im Zusammenhang mit der Abwicklung des Mietverhältnisses treffen den Erben dabei als Nachlassverbindlichkeit des Erblassers (§ 1967 BGB). Dafür haftet der Erbe zunächst unbeschränkt, also sowohl mit dem Nachlassvermögen als auch mit seinem eigenen Vermögen.

Unterlassene oder schlecht ausgeführte Renovierungen in der Wohnung des Verstorbenen zählen nach der Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofs vom 23. Januar 2013 zu den Nachlassforderungen. Gleiches gilt für Schadensersatzansprüche wegen festgestellter Beschädigungen in der Wohnung, wegen unvollständiger Wohnungsräumung sowie für im Zusammenhang damit angefallene vorgerichtliche Anwaltskosten (BGH, Urteil vom 23. Januar 2013 - VIII ZR 68/12, NZM 2013, 185 = NJW 2013, 933).

Allerdings kann der Erbe die Haftung im Außenverhältnis auf den Nachlass beschränken und sein eigenes Vermögen einem Zugriff entziehen. Nachdem er vom Erbfall Kenntnis erlangt, kann er sich binnen sechs Wochen entscheiden, ob er das Erbe annimmt oder ausschlägt, § 1944 Abs. 1 BGB. Ausschlagen wird er, wenn der Nachlass überschuldet ist. Weiß er dies noch nicht sicher, kann er die Erbschaft zunächst annehmen und ein Aufgebotsverfahren (§ 2015 BGB, §§ 454 ff. FamFG) beantragen. In einem Urteil, das gegen den Erben ergeht, bleibt dem Beklagten die beschränkte Erbenhaftung bis zur Beendigung des Aufgebotsverfahrens vorbehalten, § 305 Abs. 2 ZPO. Falls eine Überschuldung festgestellt wird, kann der Erbe das Nachlassinsolvenzverfahren beantragen (§ 1975, § 1980 Abs. 1 S. 1 BGB). Die Verbindlichkeiten des Erblassers werden nur aus dem Nachlass befriedigt. Der Erbe haftet dann also nicht mit seinem eigenen Vermögen. Wird das Nachlassinsolvenzverfahren mangels Masse nicht durchgeführt, wird der Erbe die Dürftigkeitseinrede erheben. Jede Haftungsbeschränkung setzt voraus, dass der Erbe sich im Prozess die Beschränkung der Haftung auf den Nachlass vorbehalten hat, §§ 780, 781 BGB. Insgesamt können sich folgende Haftungsbeschränkungen auf den Nachlass ergeben aus:

  • Antrag auf Nachlassverwaltung - §§ 1975 ff BGB
  • Nachlassinsolvenz - § 319 InsO
  • Dürftigkeitseinrede - § 1990 BGB
  • Beschränkung der Erbenhaftung im Prozess - Einrede des Erben (§§ 780, 781 ZPO).

Ferner ist der Erbe ist berechtigt, die Berichtigung einer Nachlassverbindlichkeit bis zum Ablauf der ersten drei Monate nach der Annahme der Erbschaft, jedoch nicht über die Errichtung des Inventars hinaus, zu verweigern (Dreimonatseinrede - § 2014 BGB). Entsprechend vage ist die Aussicht des Vermieters, Forderungen im Zusammenhang mit der Renovierung der Wohnräume oder auf Schadensersatz wegen ihrer Verschlechterung / Beschädigung noch durchsetzen zu können (BGH, Urteil vom 23. Januar 2013 - VIII ZR 68/12, NZM 2013, 185 = NJW 2013, 933).

II Erben sind unbekannt

Häufiger sind dagegen die Fälle, in denen Erben unbekannt sind und nach eingehender Recherche auch bleiben. Unbekannte Erben können aber nicht verklagt werden. Wird der Erbe später bekannt, so kann gegen ihn erst nach Annahme der Erbschaft prozessiert werden. Bleibt ungeklärt, wer Erbe ist, und findet sich auch keine Gewährsperson, die gegebenenfalls gegen Freistellungserklärung von Verpflichtungen gegenüber irgendwann später noch auftauchenden Erben für den Nachlass handeln will, bleibt nur der Antrag auf Einsetzung eines Nachlasspflegers durch das Nachlassgericht (§§ 1960, 1961 BGB).

Der gerichtlich bestellte Nachlasspfleger ist nicht Partei kraft Amtes, sondern nur gesetzlicher Vertreter. Gegenüber ihm sind dann im Zuge der Beendigung und Abwicklung des Mietverhältnisses auch Ansprüche auf Schadensersatz wegen einer Verschlechterung der Mieträumlichkeiten oder im Zusammenhang mit Renovierungszuständen zu verfolgen.

Gerade hier muss die Gefahr einer Verjährungseinrede nach § 548 Abs. 1 BGB durch den Nachlasspfleger, der ja für den Nachlass - hier als Anspruchsgegner - handelt, betont werden. Beginn und Fristende richten sich nach § 548 Abs. 1 BGB und unterliegen keinen Besonderheiten. Denn § 199 Abs. 3a BGB hilft nicht. Die Vorschrift lautet:

  • (3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.

Die hier zu verfolgenden Renovierungs- und Schadensersatzansprüche beruhen aber nicht auf dem Erbfall, sondern auf dem Wohnungszustand, der durch das Verhalten (Handeln oder Unterlassen) des verstorbenen Mieters „gewachsen ist“. Ebenso ist für die Ansprüche die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen nicht vorausgesetzt. Sie ergeben sich aus dem Mietvertrag und dem vorgefundenen Wohnungszustand. § 199 Abs. 3a BGB ist folglich nicht einschlägig.

„Die Verjährungsuhr tickt also“ nach § 548 Abs. 1 BGB, wenn der Vermieter das erste Mal Zugang zur Wohnung des verstorbenen Mieters erhält. Allerdings hemmt § 211 Satz 1 BGB den Lauf der Verjährung im Falle eines verstorbenen Schuldners so lange, bis bei unbekannt bleibenden Erben ein gesetzlicher Vertreter - hier der Nachlasspfleger - bestellt ist (Ellenberger, in: Grüneberg, Kurzkommentar zum BGB, 81. Aufl. 2022, § 211 BGB am Ende; BGH, Urteil vom 4.6.2014 - IV ZR 348/13, juris zur Ablaufhemmung im Falle mehrerer Erben; LG Freiburg (Breisgau), Beschluss vom 14.10.2020 - 4 T 135/20, juris zur Ablaufhemmung bis zur Feststellung der Fiskalerbschaft nach § 1964 BGB, wenn auch kein Nachlasspfleger bestellt ist). Deshalb muss er in seiner Eigenschaft als eingesetzter Vertreter binnen 6 Monaten seit seiner gerichtlichen Bestellung verklagt werden, um die Hemmungswirkung des §§ 211 Satz 1 BGB auszulösen. Andernfalls tritt Verjährung ein.

Spannend bleibt dann nur, rechtzeitig von der gerichtlichen Bestellung zu erfahren, was für Forderungsgläubiger keineswegs gesichert ist. Um eine „auf Frist gelegte“ periodisch wiederkehrende Erkundigung beim Nachlassgericht wird man deshalb nicht umhin kommen. Legitimiert sich der Nachlasspfleger dagegen unter Überreichung der gerichtlichen Bestellungsurkunde, so sollte das Bestellungsdatum - nicht die Bekanntgabe - unbedingt als Fristbeginn festgehalten werden.

Viel zu risikoreich ist es, sich auf geführte Verhandlungen mit dem Nachlasspfleger zur Begründung einer Verjährungshemmung zu berufen (§§ 203, 205 BGB).

Auch der Versuch einer Einbindung der Sozialbehörde bleibt erfolglos, wenn der Mieter verstorben ist und die Miete, Betriebskosten oder zum Beispiel Renovierungsarbeiten schuldig geblieben ist. Denn hier hat der Vermieter keinen Anspruch darauf, dass der Sozialhilfeträger (ARGE oder Sozialamt) noch geschuldete Kosten übernimmt. Denn nur die „gegenwärtige“ sozialhilferechtliche Bedürftigkeit zur Deckung des täglichen Lebensbedarfs wird gedeckt, die bei Verstorbenen nicht mehr existiert. Mietübernahmeerklärungen oder Garantien der Sozialbehörden sind also bei Tod des Mieters wertlos.

Rechtsanwalt Dr. Hans Reinold Horst, Hannover/Solingen