


Mieterbonitätscheck
Datenbankauskunft noch aussagekräftig?
Ein bahnbrechendes Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Köln: Beglichene Forderungen dürfen nicht mehr für 3 Jahre gespeichert bleiben, sondern müssen sofort nach Bestätigung des Zahlungseingangs durch den Gläubiger gelöscht werden.
Das Urteil vom 10.4.2025 (Az. 15 U 249/24, juris, auch abrufbar hier) verpflichtet die SCHUFA dazu, die eingetragene Schuldnerverbindlichkeit nach Anzeige der Erfüllung durch den Gläubiger sofort zu löschen. Nach der Meinung des Gerichts können Verbraucher außerdem bei Verzögerungen der Löschung mindestens 500 € Schadensersatz fordern (ebenso BGH, Urteil vom 28.1.2025 - VI ZR 183/22 im Falle eines vorschnellen und ungerechtfertigten SCHUFA-Eintrags). Die 3-Jahresfrist für SCHUFA Einträge wird damit „gekippt“.
Die bisherige Situation:
Zum Vergleich: § 882 e Abs. 3 Nr. 1 ZPO schreibt für die Schuldnerverzeichnisse bei Amtsgerichten vor, dass ein Eintrag gelöscht werden muss, sobald die Forderung beglichen ist und der Nachweis darüber vorliegt. In derartigen öffentlichen Schuldnerregistern wird dann spätestens innerhalb von 6 Monaten nach der Bestätigung, dass die Forderung erfüllt ist, gelöscht.
Bislang stellten sich private Auskunfteien gestützt auf zwei Urteile des OLG München vom 19.11 2024 (Az. 27 U 2473/24, juris) und vom 20.2.2025 (OLG München, Urteil vom 20. Februar 2025 – 37 U 4148/24 e –, juris) auf den Standpunkt, diese Regeln seien für sie nicht anwendbar. Nach deren internen Regeln gilt seit dem 1. Januar 2025: Wird die gemeldete Forderung innerhalb von 100 Tagen nach ihrem Eintrag ausgeglichen und hat der Schuldner in seiner Eigenschaft als Verbraucher sonst keine weiteren negativen Merkmale, soll der Eintrag nach 18 Monaten gelöscht werden. Wird nicht binnen 100 Tagen bezahlt, kämen zu der Frist 3 weitere Jahre hinzu.
OLG Köln: 18-monatige Speicherung ungerechtfertigt
In seiner Entscheidung macht das OLG Köln deutlich, dass auch 18 Monate zu lang sind, wenn der Zweck der Speicherung entfallen ist. Alles andere entspreche nicht den Grundregeln des Datenschutzes, niedergelegt in der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Sie steht für die Datenminimierung und für die begrenzte Speicherung von Daten. Mit anderen Worten: Personenbezogene Daten - und dazu gehört natürlich auch die Eigenschaft als Schuldner unter Nennung konkreter Forderungen - dürfen nur so lange gespeichert werden, wie es für den gerechtfertigten Zweck der Datenspeicherung erforderlich ist. Er besteht in der Bewertung eines Kreditrisikos. Werde die Forderung ausgeglichen, sei der Zweck der Datenspeicherung erfüllt. Danach dürften die Daten nicht mehr weiter gespeichert bleiben.
Zur Klarstellung: Auch eine weitere Speicherung nach Forderungserfüllung mit dem Zusatz „erledigt“ ist unstatthaft, weil der Score-Wert im Rahmen der Bonitätsbewertung dadurch weiter negativ beeinflusst wird.
Nachzutragen ist:
Der Mieter-Bonitätscheck ist eine Art des Profilings. In Profiling-Verfahren wird nach algorithmischer Auswertung von Daten auf eine aktuelle Situation geschlossen, also zum Beispiel aus dem bisherigen Zahlungsverhalten auf die aktuelle Zahlungsfähigkeit und -willigkeit. Das Scoring-Verfahren erweitert diesen Prozess um eine Zukunftsprognose. Da Prognosen immer leichter Fehler enthalten können, unterliegt ihre datenschutzrechtliche Zulässigkeit verstärkten gesetzlichen Anforderungen (§ 31 BDSG-2018, Art. 22 DSGVO). Anbieter sind die SCHUFA oder andere Wirtschaftsauskunfteien.
In der DSGVO und im BDSG-2018 gibt es einschränkende Regelungen zur Möglichkeit des Profilings und Scorings. Die Berechtigung zur Verarbeitung von Daten im Rahmen des Bonitätsschecks richtet sich nach Art. 6 Abs. 1 S. 1 f, Abs. 4, Art. 22 DSGVO, § 31 BDSG-2018 (früher §§ 28 a und 28 b, 29 BDSG-alt). Die bisherige gesetzliche Verarbeitungserlaubnis nach § 29 BDSG-alt ist seit 2018 weggefallen. Ebenso entfällt die gesetzliche Mindestspeicherdauer in § 35 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 BDSG-alt. Die Auskunfteien müssen ihren eigenen Datenbestand jetzt im Einzelnen rechtfertigen (Art. 6 Abs. 1 f DSGVO) und den Betroffenen ebenso darüber informieren (Art. 13, 14 DSGVO; im Einzelnen: Will, Datenschutz im Mietverhältnis, WuM 2017, 502, 510). Ob dies in der Praxis so seit dem 25. Mai 2018 vor Erteilung einer Auskunft gegenüber den Betroffenen geschieht oder auch nur geschehen kann, darf hinterfragt werden. In jedem Fall unterliegt diese gesetzliche Reihenfolge - zuerst Information des Betroffenen über seine gespeicherten Daten, danach erst die Verwendung dieser Daten im Rahmen der begehrten Auskunft - der Nachweispflicht /Rechenschaftspflicht des Verantwortlichen.
Wird der Anbieter im Rahmen des Mieter-Bonitätstracks vom Vermieter oder z. B. von Haus & Grund-Vereinen für ein Mitglied kontaktiert, entsteht darüber hinaus ein Auftragsdatenverarbeitungsverhältnis (Art. 4 Nr. 8, 28 DSGVO). Der Auftragsdatenverarbeiter unterliegt damit genau wie derjenige, in dessen Auftrag die Datenerhebung erfolgt, den datenschutzrechtlichen Restriktionen und Haftungen.
Auswirkungen hat die DSGVO damit auf die Möglichkeit eines Mieter-Bonitätschecks wie folgt:
- Die Vorschriften des (allgemeinen) Datenschutzrechtes müssen durch das Scoring eingehalten werden (§ 31 Abs. 1 Nr. 1 BDSG-2018, ausdrücklich hinweisend: OLG Stuttgart, Beschluss vom 18. März 2025 – 9 U 20/25 –, juris).
- Die zur Berechnung des Wahrscheinlichkeitswerts genutzten Daten sind für die Berechnung der Wahrscheinlichkeit des bestimmten Verhaltens erheblich (§ 31 Abs. 1 Nr. 2 BDSG-2018); dies muss unter Zugrundelegung eines wissenschaftlich anerkannten mathematisch-statistischen Verfahrens nachweisbar sein.
- Für die Berechnung des Wahrscheinlichkeitswerts dürfen nicht ausschließlich Anschriftendaten genutzt werden (§ 31 Abs. 1 Nr. 3 BDSG-2018).
- Werden Anschriftendaten genutzt, so ist die betroffene Person vor Berechnung des Wahrscheinlichkeitswerts über die vorgesehene Nutzung dieser Daten zu unterrichten. Die Unterrichtung ist zu dokumentieren (§ 31 Abs. 1 Nr. 4 BDSG-2018).
- Werden zur Ermittlung von Wahrscheinlichkeitswerten über die Zahlungsfähigkeit und die Zahlungsunwilligkeit einer natürlichen Person Scoring-Verfahren betrieben, so ist dies im Fall der Einbeziehung von Informationen über Forderungen nur mit doppelter Einschränkung zulässig (§ 31 Abs. 2 S. 1 BDSG-2018): (1) Zunächst müssen die bisher genannten Voraussetzungen vorliegen. (2) Nur bestimmte Forderungen über eine geschuldete Leistung, die trotz Fälligkeit nicht erbracht worden sind, dürfen berücksichtigt werden, und zwar:
- rechtskräftig festgestellte oder durch ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil festgestellte oder im Rahmen eines Schuldtitels nach § 794 ZPO festgestellte Forderungen (§ 31 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BDSG-2018),
- im Prüfungstermin unbestrittene und nach § 178 InsO festgestellte Forderungen (§ 31 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BDSG-2018),
- vom Schuldner ausdrücklich anerkannte Forderungen (§ 31 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 BDSG-2018)
- Forderungen, die der Schuldner nicht bestritten hat, und deren Erfüllung nach Eintritt ihrer Fälligkeit beim Schuldner mindestens zweimal schriftlich angemahnt worden sind, wenn die erste Mahnung mindestens vier Wochen zurückliegt, und der Schuldner über eine mögliche Berücksichtigung dieses Sachverhaltes durch eine Auskunftei zuvor, jedoch frühestens bei der ersten Mahnung unterrichtet worden ist (§ 31 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 BDSG-2018),
- Forderungen, die aus einem Vertragsverhältnis stammen, dass aufgrund von Zahlungsrückständen fristlos gekündigt werden kann und bei denen der Schuldner zuvor über eine mögliche Berücksichtigung durch eine Auskunftei unterrichtet worden ist (§ 31 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 BDSG-2018).
- rechtskräftig festgestellte oder durch ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil festgestellte oder im Rahmen eines Schuldtitels nach § 794 ZPO festgestellte Forderungen (§ 31 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BDSG-2018),
Als Fazit daraus halten wir zwei Hinweise fest:
Zum einen:
Ein Mieter-Bonitätscheck ist zwar nicht per se verboten (Art. 22 Abs. 2 DSGVO), unterliegt aber strengen Restriktionen. Die Datenerhebung muss insbesondere erforderlich oder einwilligungsbasiert, und nach allgemeinem Datenschutzrecht der EU und ihrer Mitgliedstaaten zulässig erfolgen (Art. 22 Abs. 2 DSGVO). Das betont mittlerweile auch der EuGH durch Entscheidung vom 4.4.2022 (C-26/22, C-64/22 und C-634/21, jweils juris; vergleiche dazu die Pressemeldung des Landesbeauftragten für Datenschutz in Niedersachsen vom 8.12.2023 (EuGH schränkt Nutzung des Schufa-Scores ein; Pressemitteilung 11/2023 vom 8.12.2023).
Die Einhaltung und Berücksichtigung aller Voraussetzungen muss nachgewiesen werden können, und zwar vom einzelnen Vermieter und auch von demjenigen, der diesen Mieter-Bonitätsscheck anbietet oder vermittelt. Die Nachweispflicht besteht gegenüber der Aufsichtsbehörde und im Innenverhältnis des Auftraggebers zur Auskunftei als Auftragnehmerin. In der Praxis bleibt unscharf, wie dieser Nachweis im Einzelnen geführt werden soll. Denn es handelt sich um Tatsachen, die der Wahrnehmung des Auftraggebers nicht zugänglich sind!
Gleichwohl haftet der Auftraggeber neben dem Auftragsdatenverarbeiter (Auskunftei). In der Praxis wird dann noch gerne mit Freistellungsansprüchen des Auftragnehmers (Auftragsdatenverarbeiter) im Verhältnis zum Auftraggeber gearbeitet. Insgesamt entsteht dabei ein Risiko, das nicht mehr kalkuliert werden kann!
Und zum zweiten:
Die Lösung liegt einerseits in einer verlangten Eigenauskunft des Mieters zu seinen Bonitätsdaten und andererseits in einem Quercheck dieser Angaben anhand weiterer eingeholter Basisinformationen unter Beachtung der dazu bestehenden datenschutzrechtlichen Vorgaben (Orientierungshilfe zur Einholung von Selbstauskünften bei Mietinteressent:innen).
Rechtsanwalt Dr. Hans Reinold Horst, Hannover / Solingen






